Thursday, June 12, 2008

Sex and the City - the Movie: Die Prinzessin des Powerbooks ist zurück

Ist das ganze Leben nur eine Bühne, auf der die großen Sehnsüchte des Lebens zelebriert werden – diese Sehnsucht nach dem einen Menschen, der einen großen Liebe und dem einen unsterblichen Versprechen? So schien es zumindest 94 Folgen lang in der wohl beliebtesten TV-Serie dieses Jahrzehnts – Sex and the City.

Diese Jagd nach einem Traum, einer fixen Idee, einem bestimmten Ideal vom Leben ist nun so alt wie große Dramen selbst. In F. Scotts Fitzgeralds Der große Gatsby etwa, der vom Setting des glamourösen Nachtlebens so etwas wie das heimliche 20er-Jahre Vorbild für Sex and the City gewesen sein könnte, nehmen diese Irrungen und Wirrungen eines gestanden Selfmade-Millionärs mitunter tragikomische Züge an. An einer Stelle nämlich behauptet der Titelheld, 50 Jahre später brillant von Robert Redford auf die Filmleinwände der Welt gebracht, felsenfest, man könne die Vergangenheit zurückholen. Das ist natürlich großer Unfug, doch eben auch: großes Pathos.

Sex and the City – The Movie durchzieht dieses unausgesprochene Leitmotiv wie ein roter Faden. Das fängt schon mit der Veröffentlichung an: Mehr als drei Jahre ist her, dass die letzte Staffel über die deutschen Bildschirme flimmerte, fast sieben gar, als die erste Folge im deutschen Fernsehen debütierte – am 17. September 2001 war das, wenige nach dem Einsturz der Twin Towers. Wenn Sex and the City eines ist – dann, wie jede gelungene Vermittlung eines Lebensgefühls, vor allem Dokument dafür, wie schnell die Welt sich weiter dreht und die Zeit voranschreitet.

Foto: kennymatic

Für drei, fast vier Jahre war SATC das brisanteste, unterhaltsamste, aber auch witzigste Format, das es im Prime-TV zu sehen gab. Es war – natürlich – Mädelszeug, aber dabei auch für Männer gut erträglich. So richtig böse unter die Räder kam die Männerwelt in den kaum 30 Minuten langen Episoden schließlich nie. Die kleinen Gemeinheiten der Freundinnen über Cunnilingus-Qualitäten und Spermageschmack dürfte kaum einen Mann wirklich dort getroffen haben, wo es vermeintlich besonders weh tut.

Das ist in Sex and the City – The Movie nicht anders. Der Film, der fast zahm mit dem immer noch unbekannten Wesen Mann umgeht, ist die logische Fortsetzung des eigentlich viel zu schnellen und gesuchten Endes der 6. Staffel der Serie. Es ist wie im echten Leben: Der Esprit der Jugend ist längst verflogen, und auch die lehrreichen 30er sind passé. Was bleibt, ist ein mittelgroßer Scherbenhaufen, der keine wirkliche Lust auf das Leben in den 40ern macht: Immer-noch-Vamp Samantha hat sich zum Anhängsel ihres Modellfreundes degradieren lassen, Miranda ist gänzlich zur engstirnigen Karrieristin geworden, während Charlotte noch immer das Comicstrip-hafte kleine Mädchen geblieben ist.



Und Carrie? Carrie, im Grunde immer schon der Mikrokosmos aller drei überzeichneten SATC-Charaktere, ist das, was sie schon ein Serienleben lang war: Auf der Suche. Hin und her geht es wieder mit Mr. Big, dem modernen Jay Gatsby, die Selbstzweifel und euphorischen Glücksschübe kommen wie die Manolo Blahniks oder Louis Vuitton-Handtäschchen. Für einen Mann ist das alles natürlich ziemlicher Zirkus – aber durchaus liebenswerter Zirkus.

Nach Maßstäben früherer Dekaden hätte man eine Frau um die 40 mit unzähligen Beziehungen, Liebhabern und noch mehr Gefühlsduselei schlicht verhuscht genannt – heute ist dieser Lebensstil Standard. Carrie, obwohl nur eine Filmfigur, ist tatsächlich wie viele Großstadtfrauen in Hamburg, Berlin oder München, die sich wie kleine Prinzessinnen fühlen – und sei es nur als die Prinzessin des Powerbooks, das Carriere pflichtbewusst sechs Staffeln der treuste Gefährte war und nun, natürlich, zum MacBook Pro upgegradet wurde. (Am iPhone, soviel Chronistenpflicht muss sein, scheitert Carrie indes Minuten vor der Trauung – einer der subtilsten Scherze des Films.)

Foto: emme-dk

So richtig glücklich macht das allerdings auch nicht. Insgesamt durchzieht Sex and the City – The Movie nämlich in allererster Linie eine ziemlich melancholische Note, die im Subtext sagt: Altern ist nicht nur uncool, es ist auch schwer. Die großen Schlachten sind geschlagen, die Verluste gezählt – was bleibt, ist ein bisschen Bitterkeit und vor allem der Abschied von Illusionen.

Wir lernen: Die Aufopferung für die Liebe wird manchmal tränenreich belohnt (Carriere), manchmal aber auch nicht (Samantha), Kinder machen manchmal unverhofft glücklich (Charlotte), manchmal aber auch erwartungsgemäß nicht (Miranda) – vor allem aber bleibt das Beziehungs- und Liebensleben ein einziger, großer Kampf. Das ist am Ende eines Blockbuster-Hochglanzformats zwischen 525 Dollar-Stöckelschühchen und Vivian Westwood-Brautkleidern immerhin ein ziemlich lebensnahes Statement, das SATC nicht zum großen Rosa-Herzen-Kino macht, sondern zum ehrlichsten Frauenfilm der Saison! Glück, soviel wusste schon F. Scott Fitzgerald 80 Jahre zuvor, ist und bleibt eben flüchtig.